In Zeiten in denen „Geiz geil“ ist haben es Produzenten nicht unbedingt leicht. Wir waren schon immer „Sparweltmeister“ und Lebensmittel werden nach dem Motto gekauft: Hauptsache satt, egal ob der Erzeuger bei diesen Preisen Qualität produzieren kann oder nicht. Interessant ist eigentlich, dass wir uns dann über Lebensmittelskandale oder skandalöse Tierhaltung aufregen. Wenn ich nicht bereit bin Käse oder Schinken zu bezahlen, dann darf ich mich auch nicht wundern, wenn ich Kunst-Käse oder Schinken-Imitat bekomme.
Lebensmittel Skandale werden sicher dadurch begünstigt, dass viele möglichst billig einkaufen wollen
Vor einiger Zeit habe ich eine Untersuchung gelesen, bei der es um den Eierkauf ging. Die Forscher standen vor einem Supermarkt und haben Kunden befragt, was sie von der Massentierhaltung bei Hühnern halten. Die meisten haben sich dagegen ausgesprochen und angegeben, sie würden Bioeier den Vorzug geben. Als diese Kunden den Supermarkt verließen, hatte ein große Teil Eier aus Massentierhaltung im Einkaufskorb. Die Erklärungen waren ähnlich, entweder sah der Verbraucher nicht ein, dass er für ein Ei mehr bezahlen soll als für ein anderes, oder er sagt, dass er damit nur backen wolle und dabei käme es nicht so darauf an. Wenn es an den eigenen Geldbeutel geht, sind die Lebensbedingungen unserer Hühner relativ egal.
Kürzlich waren wir im Ostallgäu und fuhren an Bauernhöfen vorbei die für 40 Cent pro Liter Milch demonstrierten. Dieser Betrag sichert auch dem Kleinbetrieb das Überleben. Wenn ich als Verbraucher sage, dass ich mich weigere meine Milch beim Discounter zu kaufen, da sie da so billig angeboten wird, dass sicher keine 40 Cent pro Liter beim Bauern hängen bleiben, werde ich für verrückt erklärt. Nur ein Produzent, der kostendeckend arbeitet, kann überleben, wenn aber erst einmal die Kleinbauern von der Bildfläche verschwunden sind, dann können die wenigen Großen die Preise entspannt rauf setzen.
Ich glaube, dass ich nicht so leicht auf Kunstkäse, gefakte Garnelen (Surimi) und Formfleischforderschinken hereinfalle, da ich mich immer frage, ist es möglich eine gute Qualität für diesen Preis zu produzieren. Wer allerdings noch nie hochwertige Garnelen, Käse oder Schinken gegessen hat, kann nicht wissen, woran man Qualität erkennt. Dem italienischen Pizzabäcker meines Vertauens wähle ich selbstverständlich sorgfältig aus und hoffe das Beste, denn nachdem die Zutaten bei 300°C gebacken wurden, ist die Qualität nur noch im Labor nachweisbar.
Eine Freundin hat vor Jahren einmal gesagt: „Fresst Scheiße, Milliarden von Fliegen können sich nicht täuschen.“ Dies ist vielleicht etwas drastisch, aber nur weil alle Anderen die Billiglebensmittel vom Supermarkt und Discounter kaufen, muß ich es nicht auch tun. Und so treffen mich Lebensmittelskandale seltener als Andere. Wenn ich bereit bin für Qualität zu bezahlen, kann ich zwar immer noch betrogen werden, wenn ich aber von vorn herein Niedrigstpreise zahle, kann mir unmöglich eine solide Qualität geboten werden.
Vielleicht sollte man mal darüber nachdenken, dass viele Verbraucher bereit sind, für ihr Motoröl mehr Geld auszugeben als für ihr Olivenöl. Was sagt das über unsere Wertschätzung von Mensch und Maschine aus?